Seladon im Augenmerk, Jadegleiche Porzellane und ihre Meister in Longquan, China

Seladon im Augenmerk

Jadegleiche Porzellane und ihre Meister in Longquan

China at Work: LOGO

24. November 2019 ~ 22. November 2020
Eine Ausstellung des ISEK–Völkerkundemuseums der Universität Zürich

Im Jahr 2010 präsentierte das Völkerkundemuseum der Universität Zürich mit der Ausstellung „Abgedreht! China töpfert bodennah“ chinesisches Blau–Weiß–Porzellan unter dem Aspekt der Produktion von Massenware von Hand in der Porzellan–Metropole Jingdezhen.

In China kennt man jenseits dieses Blau–Weiß–Porzellans viele weitere Porzellanarten. Sie werden seit Jahrhunderten in der Region des „Porzellandreiecks“ mit seinen entsprechenden Ressourcen an Tonarten und Erden hergestellt, in lokalen spezialisierten Handwerken.

Blick über den Ou–Fluss auf die gegenüberliegende Böschung. Fluss und Vegetation zeigen die intensiven Grüntöne des subtropischen Zhejiang.

Es sind die tief–grünen Landschaften und blauen Himmel Zhejiangs, in Südwest–China, die seine zart grün–blauen Porzellane reflektieren: Die Ausstellung widmet sich diesem jadeähnlichen Seladon–Porzellan und den Fertigkeiten seiner MeisterInnen.

Seit spätestens dem 9. Jahrhundert ist die chinesische Provinz Zhejiang bekannt für ihr Seladon–Porzellan mit seinen in vielfältigen Grün– und Blautönen schimmernden Oberflächen, die mit dem Gefieder des Eisvogels verglichen werden. Wer dieses herstellte, brauchte Expertise in der Verarbeitung der Rohstoffe wie vor allem auch in den komplexen, mit vielen Unwägbarkeiten verbundenen Techniken des Brennens.

Detail einer Seladonschale, das die die Tiefe der Glasur und ihrer Grün– und Blautöne zeigt.

Die erste Blütezeit erlebte das Longquan–Seladon vom 11. bis in das 14. Jahrhundert: es fand Eingang in die kaiserlichen Sammlungen. Aus edlen Seladonschalen tranken Gelehrte feinen Tee. Mit wachsender Popularität wurde Seladon zum globalen Exportgut. Heute bewahren Museen in aller Welt kostbare Seladone der Song–, Yuan– und Ming–Zeit. Auch in Zürich sind im Museum Rietberg solche historischen Seladone zu bewundern.

In einer Epoche des Niedergangs geriet das Seladon–Handwerk bis Ende des 19. Jahrhunderts fast in Vergessenheit. Gelehrte entdeckten es wieder. Mit Hilfe ihrer Forschungsberichte konnte, nicht zuletzt auf Initiative des Ministerpräsidenten Zhou Enlai, die Produktion von Seladon in den 1950er–Jahren in staatlichen Manufakturen neu lanciert werden.

Ein Tal in Zhejiang: rings bewaldete Hügel in tiefen Grüntönen, üppige Vegetation, in der Talsohle Felder. Die typische Landschaft Zhejiangs.

Eine erste Generation junger Keramiker und nun auch Keramikerinnen wuchs heran, ausgebildet in staatlichen Betrieben und Forschungsinstituten. Mit dem marktwirtschaftlichen Wandel in den 1990er Jahren gründeten viele von ihnen Privatbetriebe. Der ein solch komplexes Handwerk ungemein herausfordernde Übergang vom mit Holz befeuerten Drachenofen zum Gasofen war ein Meilenstein, den sie gemeinsam meisterten. Erfolgreich positionierten sich einige der KeramikerInnen, nun auch im Zeichen des UNESCO–Weltkulturerbes und innerhalb des chinesischen Systems des Kulturerbeschutzes, als national anerkannte MeisterInnen mit ihren Seladon–Glasuren der Spitzenklasse. In ihren Werkstätten im MeisterInnen–Quartier am Seladon–Museum in Longquan spezialisieren sie sich heute auf Glasurfarben und Krakeluren und entwickeln ihre eigenen Stile. Das Seladon–Porzellan erlebt heute eine erneute Blüte, und dies mit Augenmerk auf die Meisterstücke der Song–Dynastie.

Als Gastkuratorin dieser Ausstellung wurde abermals die Sinologin und Keramikerin Anette Mertens eingeladen. In Zusammenarbeit mit Seladon–MeisterInnen und ihren SchülerInnen in Longquan, die in der Ausstellung selbst zu Wort kommen präsentiert Anette Mertens in Ausstellung und Katalog Ergebnisse ihrer Seladon–Forschung.

Bis zu ihrer Verarbeitung gestapelte Bambusstangen.

Entstanden ist eine Zusammenschau jener Traditionen, Technologien und Kenntnisse, denen das Augenmerk der KeramikerInnen vor allem gilt. Ebenso interessant wie der Wandel und die Modernisierung des Handwerks im technischen Übergang vom Brennen mit Holz zum Brennen mit Flüssiggas erschien den Kuratierenden die Frage, auf welcher Grundlage sich MeisterInnen heute über Wert und Wertschätzung von Seladon verständigen. Immerhin gelten die Seladone der Song–Zeit aus etwa dem ersten Jahrtausend als bis heute unerreicht und beziehen sich die Seladon–Handwerker stark auf historische Stücke und Stile. Welches Repertoire an Tonarten, Glasuren und Dekoren bietet ihnen Spielraum für ihre Könnerschaft und Kreativität?

Die Ausstellung stellt eine exemplarische Auswahl an Meisterstücken vor, die das Repertoire der modernen Seladon–KeramikerInnen repräsentiert. Der Besucher erfährt dabei auch, welche Rolle für die MeisterInnen die Scherben spielen, die sie in der Umgebung historischer Ofenstandorte zu Tage fördern.

Die Ausstellung bringt uns die MeisterInnen Longquans näher als GlasurliebhaberInnen — auf der steten Suche nach dem perfekten Seladon.

»Seladon im Augenmerk. Jadegleiche Porzellane und ihre Meister in Longquan.«
25. November 2019 – 22. November 2020
Völkerkundemuseum der Universität Zürich
Pelikanstrasse 40, CH–8001 Zürich
T +41(0)44 634 90 24
musethno@vmz.uzh.ch  //  www.musethno.uzh.ch

Publikation:
»Seladon im Augenmerk. Jadegleiche Porzellane und ihre Meister in Longquan.« (ISBN 978-3-89790-574-0)
SELADON IM AUGENMERK | arnoldsche Art Publishers

  • Führung durch die Ausstellung, gemeinsam mit anwesenden Künstlern.
  • Mit Seladonen gestaltetes Interieur.
  • Besucher und Künstler im Gespräch während der Vernissage.
  • Eröffnungsrede zur Vernissage gehalten von Anette Mertens und Mao Weijie.